Eine besondere Herausforderung bei der Messaufgabe war es, die Schleuse weitgehend verfügbar und die Ausfallzeiten möglichst gering zu halten. Messspezialist Althen entwickelte hierzu individuelle Messlösungen für das Projekt und begleitete die Messungen für die mit Voruntersuchungen beauftragte Firma Tractebel Hydroprojekt GmbH.
Die Schleusenanlage Kiel-Holtenau ist eine der beiden Zufahrten zum Nord-Ostsee-Kanal, der Nord- und Ostsee miteinander verbindet. Die Bedeutung der Wasserstraße ist für den europäischen Warentransport immens; der NOK ist die meist befahrene künstliche Seeschifffahrtsstraße der Welt.
Bei dem hohen Schiffsaufkommen im NOK ist es umso wichtiger, dass die zwei Schleusenanlagen reibungslos funktionieren. Derzeit kann nur die Große Schleuse mit ihren beiden Schleusenkammern genutzt werden (Nutzlänge 310 m, Nutzbreite 42 m), da die Kleine Schleuse aktuell neu geplant und gebaut wird. Doch auch bei der Großen Schleuse besteht Modernisierungsbedarf, nachdem die Getriebe der Schleusentore letztmalig in den 1960er Jahren erneuert wurden. Im laufenden Betrieb mussten daher Voruntersuchungen durchgeführt werden, um die Neudimensionierung der Antriebe zu ermöglichen – die größte Herausforderung in diesem Projekt.
Das Wasserstraßen-Neubauamt Nord-Ostsee-Kanal beauftragte den Ingenieurdienstleister Tractebel Hydroprojekt mit den Voruntersuchungen und Tractebel holte die Althen GmbH Mess- und Sensortechnik für die Realisierung der Messungen mit ins Boot. Ziel war es, relevante Kenndaten der vorhandenen Schleusentoranlage zu ermitteln, z. B. auftretende Lastspitzen. Um eine passgenaue Dimensionierung der neuen Schleusenantriebe zu erreichen und möglicherweise auftretende Probleme erkennen und beheben zu können, waren real gemessene Werte die Voraussetzung – auch zum Abgleich mit veralteten Daten aus den 1960er Jahren.
Im Hintergrund schließt sich das gewaltige Schleusentor (Länge: 42 m) einer der beiden Schleusenkammern nach Einfahrt des Schiffes. Bei dem Ersatzschleusentor im Vordergrund wird deutlich, um welch komplexe Konstruktion es sich hierbei handelt: Ein Schleusentor besteht nicht nur aus einer flachen Wand, sondern ist ein mehrere Meter breites Gebilde und ragt ca. 14 Meter tief ins Wasser hinein. Unterhalb der Wasseroberfläche ist es mit Ballasttanks versehen, um den Auftrieb des Tores je nach Anforderung zu gewährleisten. Bild: ©Althen GmbH Mess- und Sensortechnik.
Messen ohne konstruktive Veränderungen
Die Firma Althen ist schon seit ihrer Gründung 1978 auch im Bereich Verkehrswasserbau tätig. Neben der Bereitstellung von Komponenten, wie z. B. Kraft- und Wegaufnehmern, Neigungssensoren und Messverstärkern, berät und unterstützt Althen auch bei der Konstruktion, Inbetriebnahme sowie bei eventuellen technischen Problemen. Falls erforderlich, werden Sonderlösungen entwickelt – wie auch in diesem Fall. Dabei war zu überlegen, wie das Ziel mit einem möglichst geringen Aufwand hinsichtlich konstruktiver Veränderungen an der Anlage erreicht werden konnte. Die gewählte Lösung mit eigens entwickelten Lastmessbolzen entsprach dieser Anforderung und die Schleusenanlage konnte nach Abschluss einer Messreihe innerhalb weniger Minuten wieder in den Originalzustand zurückgebaut werden.
Entwicklung spezifischer Lastmessbolzen
Zur Bestimmung der auftretenden Schub- und Zugkräfte beim Verfahren der Schiebetore wurden Bolzenverbindungen zwischen den beiden Schubstangen und dem eigentlichen Torelement durch speziell entwickelte Lastmessbolzen ersetzt. Kundenseitig wurden mehrere Gabelköpfe an den Schubstangen vermessen und von Althen ein entsprechender Bolzentyp entwickelt.
Ebenso wurde bei den Brechbolzen in den Kupplungen verfahren: Die vier Brechbolzenkupplungen in den zwei Antriebssträngen zwischen Getriebeeinheit und den Antriebsritzeln ermöglichen eine Messung des Antriebsdrehmoments währen der Torfahrt. Auch hierfür gibt es keine Standardbauform eines Kraftaufnehmers, sondern Althen konstruierte spezifische Lastmessbolzen für diesen Anwendungszweck. Unter Berücksichtigung des Hebelarmes konnte hieraus das Drehmoment ermittelt werden.
Entwicklungsaufwand in der Planung berücksichtigen
Sonderentwicklungen bedeuten stets eine deutliche Verlängerung der Projektzeiten, die im Planungsaufwand bereits berücksichtigt werden müssen. Dieses Projekt benötigte insgesamt ein halbes Jahr Vorlaufzeit vor den eigentlichen Messungen – zum einen aufgrund der Eigenentwicklungen, zum anderen auch, weil die Messungen im laufenden Betrieb stattfinden mussten. Es wurde geprüft, wann Sperrungen möglich waren und wann die Schleusenanlage wieder einsatzbereit sein musste. Die Sperrungen für die Messungen und den entsprechenden Auf- und Abbau erfolgten dann immer nur für wenige Stunden. Insbesondere nachts musste der Betrieb einwandfrei laufen. Eine Herausforderung war dabei vor allem die enorme Verkabelung, die nach jeder Messung teilweise wieder entfernt werden musste.
Weitere Messleistungen von Althen waren die Signalauswertung von Drehimpulsgebern zur Erfassung der Position der Schiebetore, eine Dokumentation der Motorleistung anhand der vorhandenen Steuersignale sowie die Aufzeichnung aller ermittelten Messdaten mit einem Datenlogger vom Typ Graphtec GL7000.
Mit den nun vorliegenden Messergebnissen lassen sich die ursprünglichen Daten und die bisherigen theoretischen Berechnungen validieren. Darüber hinaus ermöglichen die gewonnen Detailinformationen eine weitere Optimierung der Schleusenanlage.
Wenn Sie Interesse an der ausführlichen Version des Anwenderberichts „Schleuse Kiel-Holtenau“ samt Bildmaterial haben, wenden Sie sich gerne an: Wassenberg Public Relations für Industrie & Technologie GmbH, Michaela Wassenberg: info@wassenberg-pr.de, 0911/5983980.
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